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- doch nur in der Schule!?

Einen Einblick darin, wie sich das Wissen aus dem Fach Chemie nach der Zeit in der Schule nutzen lässt, verschafften sich in der Zeit vor und nach den Sommerferien die Schülerinnen und Schüler der Chemie-Kurse der jetzigen Stufe Q2.

Nachdem der Lehrplan uns auf den Weg „vom Erdöl zum Plexiglas“ lotste, konnten wir im Göttinger X-Lab einen Teil des Weges in Experimenten apparativ anspruchsvoll nachvollziehen. Der Weg nach Göttingen entpuppte sich zwar als Herausforderung für schwache Nerven, doch heile angekommen, geriet die rasante Anfahrt bald in Vergessenheit. In dem „Experimentallabor für junge Leute“, nach eigenen Aussagen einem der größten Schülerlabore Deutschlands, wurde in kleinen Gruppen einen ganzen Tag geforscht: mit Kittel, Schutzbrille und Gaschromatograph statt mit Schirm, Charme und Melone. Es wurde ausgeschüttelt, fraktioniert, destilliert und Erdölfraktionen gecrackt. Zwar im Labormaßstab, jedoch als Übergang vom Buch zur Anwendung im Großmaßstab durchaus eindrucksvoll. Experimentierergebnisse („Produkte“) wurden mit Hilfe von Gaschromatographie oder anderer Nachweismethoden untersucht. Hilfestellungen und Antworten auf Nachfragen wurden durch die Betreuer vom X-Lab gegeben, die jederzeit ansprechbar und aufmerksam unsere Aktivitäten verfolgten. Ein Besuch der Mensa des Unigeländes Nord der Georg-August-Universität rundete unseren Tag als „Student auf Zeit“ ab.
Doch was passiert denn dann nach der Uni-Forschung? Auch in diesem Bereich eröffneten sich den Schülerinnen und Schülern Einblicke. Nachdem wir uns in Göttingen eher mit der Herstellung der niedermolekularen Grundstoffe des Plexiglases auseinander gesetzt hatten, ging es nun weiter auf dem Weg zum polymeren Werkstoff. Nicht weit von Lübbecke, etwa 30 km Richtung Nordsee, fanden wir weitere Einblicke in die Praxis. Bei der BASF Polyurethanes durften wir einen halben Tag Gäste sein und unsere Skepsis „Chemie nur für die Schule?!“ weiter abbauen. Was können denn Chemie-interessierte Menschen als Berufsbild haben? Nur etwas für Freaks? Fragen, die man nicht stellen durfte, gab es nicht – Antworten allerdings zum Teil auch ungefragt. Die Verantwortliche für Berufsausbildung (Vocational training management) am Standort Lemförde sowie duale Studentinnen und Studenten berichteten über ihren Werdegang im Bereich der chemischen Industrie. Die Frage bezüglich der „Freaks“ konnten wir schon mal eindeutig mit „nein“ beantworten.
Ausgestattet mit entsprechender Sicherheitskleidung, dieses Mal ergänzt durch Arbeitsschuhe, erhielten wir nach einer Einführung in die Produkte der BASF am Standort Lemförde Führungen in den Bereichen Produktentwicklung, Werkstoffprüfung, Technikumsbetrieb und Produktion vom Monomer bis hin zur Stoßdämpfer-Feder auf Polyurethan-Basis (Cellasto) oder der in der Wärme verformbare Polyurethane (TPU). Wie werden neue Werkstoffe entwickelt? Woher wissen die Firmen, die die Werkstoffe z. B. später in Schuhsohlen für Sportschuhe, als Handlaufmaterial für Treppen, als Stoßdämpfer in Autos und LKWs oder Fensterprofil einsetzen möchten, dass ihr neuer Werkstoff genau der am besten geeignete ist? Was ist der Unterschied zwischen Spritzguss- und Folienzieh-Technik? Kann man die Materialien recyceln? Ist das hier immer so laut? Wie klebt man kleine weiße Kügelchen zu High-Tech-Schuhsohlen zusammen? Und: Dürfen wir den Test-Ball nicht doch mit nach Lübbecke nehmen?
Aufgrund der vielen Verknüpfungen und des Wiederentdeckens bekannter Namen und Formeln aus dem Schulunterricht konnten wir nun die zweite Frage aus dem Titel ebenfalls mit „nein“ beantworten. Schließlich traten wir auch von dieser Exkursion mit vielen beantworteten Fragen und frisch gestärkt die Rückreise nach Lübbecke an.
Dank der finanziellen Förderung durch die Initiative „zdi – Zukunft durch Innovation“ vom Land NRW hielt sich der zu entrichtende Eigenanteil beider Exkursionen in sehr überschaubaren Grenzen.