Erste Konferenz des Erasmus+-Projektes CARE am Wittekind

Ein neues Projekt zu starten ist an sich schon aufregend und spannend genug, wenn dann jedoch Wetterkapriolen hinzukommen, können sich Aufregung und Spannung noch deutlich steigern. So geschehen Anfang Februar, als Sturmtief ‚Sabine‘ die Zugfahrpläne in ganz Mittel- und Nordeuropa durcheinanderwirbelte. Die Lübbecker Gastgeber der ersten Konferenz des Erasmus+ Projektes CARE (Cooperating Actively for Responsibiliy and Empathy) stellten jedoch ganz im Sinne des europäischen Gedankens Organisationstalent und Kooperationsbereitschaft unter Beweis und ermöglichten den Teilnehmern der Partnerschulen aus vier europäischen Ländern (Niederlande, Portugal, Polen, Finnland) eine sichere Ankunft am Zielort.

Während der Unterricht für die übrigen Lübbecker Schülerinnen und Schüler wetterbedingt abgesagt war, fand im Musikzentrum des Wittekind-Gymnasiums die Eröffnungsfeier der Konferenz statt. Nach einer musikalischen Einstimmung durch Schülerin Lidia Wronna am Klavier begrüßten Julius Bollmeier, Paula Grau und Charlotte Schuster aus der 10. Jahrgangsstufe die Anwesenden auf Englisch, der offiziellen Konferenzsprache. Mit Hilfe einer kurzen Performance führten sie in das Thema der Konferenz „caring for people with disabilities" ein und machten deutlich, dass unter dem Projekttitel CARE die Übernahme von Verantwortung für andere und die Entwicklung von Empathie zu verstehen ist. Dies sollte in der Lübbecker Konferenz vor allem durch den Besuch von Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen deutlich werden.
Im Anschluss erläuterte Schulleiter Dr. Eberhard Hagemeier in seinem Grußwort die Intentionen des CARE-Projektes. Jugendlichen sollen Einblicke in den internationalen Arbeitsmarkt ermöglicht werden. Dabei liegt der Schwerpunkt im sozialen Bereich, für dessen Bedeutung CARE sensibilisieren möchte. Auf diese Weise soll das Verantwortungsbewusstsein der Heranwachsenden gestärkt und z.B. mit Hilfe von Kurzpraktika in sozialen Einrichtungen Schlüsselkompetenzen für die Teilhabe am Arbeitsmarkt erworben werden. Zugleich trage der Austausch zwischen den unterschiedlichen Ländern dazu bei, voneinander zu lernen und seinen Horizont zu erweitern, so Hagemeier weiter.
Nach einer kurzen Überleitung durch das Moderationsteam gab Englischlehrerin Silke Horst, die zusammen mit Jessica Stefener die Konferenz am Wittekind-Gymnasium organisiert hat, die Grüße der Dezernentin Monika Kabst von der Bezirksregierung Detmold wieder, die aufgrund der Wetterverhältnisse von einer Teilnahme abgesehen hatte. Kabst strich in ihrem Grußwort vor allem die Bedeutung Europas für die heutige Zeit heraus und fasste dies an die Jugendlichen gerichtet in dem Satz „Ihr seid Europa!“ zusammen. Sie betonte, dass Konferenzen wie diese die Gesellschaft und den Zusammenhalt auf unserem Kontinent stärken helfen. Denn schließlich seien wir alle gemeinsam unser Europa.
Schließlich berichtete Angela Hölscher, die stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Lübbecker Lebenshilfe, von ihren Erfahrungen als Mutter eines vom Downsyndrom betroffenen jungen Mannes. Als sie die Diagnose erfuhr, dass ihr Sohn Tom mit Trisomie 21 geboren werde, sei dies schon schwer zu verarbeiten gewesen. Vermeintlich gute Ratschläge aus dem sozialen Umfeld hätten die Situation eher verschlechtert als verbessert. Zugleich sei sie von da an zu 100 Prozent Mutter ihres Sohnes gewesen und habe ihn, so gut es ging, überallhin begleitet, was sich in ländlicher Umgebung nicht immer einfach gestaltete. Nach negativen Erfahrungen mit dem Thema Inklusion sei sie auf die Lebenshilfe und ihre Einrichtungen wie Kindergärten und Schulen aufmerksam geworden, so Hölscher, und habe begonnen sich dort zu engagieren. Dabei sind ihr vor allem die Gemeinschaft aber auch die Möglichkeiten wichtig geworden, Menschen mit Behinderten adäquat zu fördern und zu beschäftigen. Bespielhaft stellte Angela Hölscher ein Zirkusprojekt vor, das sie ins Leben gerufen hat. „Mein Sohn und ich sind ausgewiesene Zirkusfans“, berichtete sie „und nach einem entsprechenden Intensivkurs in Berlin haben wir unseren eigenen Zirkus gegründet. Dort verbringen große und kleinen Menschen mit und ohne Einschränkungen eine gute Zeit und haben viel Spaß daran, sich und ihre Fähigkeiten auszuprobieren.“ Den Konferenzteilnehmern gab sie mit auf den Weg, wie wichtig es sei, den Menschen mit Behinderung mit Achtsamkeit zu begegnen und auf diese Weise eine soziale Gesellschaft aufzubauen.
Nachdem Abiturient Edvard Salvesen mit der 3. Klaviersonate von Ludwig van Beethoven der Veranstaltung einen würdigen Abschluss verliehen hatte, begaben sich die jugendlichen Teilnehmer in die Turnhalle zu ihrer ersten gemeinsamen Aktion, dem Rollstuhlbasketballspiel, der von der Bundesligamannschaft „Baskets 96“ aus Rahden angeleitet wurde.
Neben einem Besuch der Lübbecker Werkstätten und des Wittekindshofes, wo unter anderem auch ein Sozialpraktikum absolviert wurde, standen noch ein Besuch in Bethel und verschiedene Workshops auf dem Programm der Konferenzwoche. Daneben kam aber auch die Freizeitgestaltung mit der Gruppe und in den Gastfamilien nicht zu kurz.
Die nächste CARE-Konferenz findet Ende November in Jyväskylä (Finnland) statt. Auch sie wird sicher dazu beitragen, dass europäische Jugendliche in ihrem Sozialbewusstsein gestärkt werden und wichtige Kompetenzen für ihren eigenen beruflichen Weg erwerben.
Weitere Informationen zu CARE unter https://www.wittekind.de/cms/index.php/international/care-cooperating-actively-for-responsibility-and-empathy sowie unter https://www.care-erasmus-project.eu